Ethnische Minderheiten in China

In der Volksrepublik China leben über 1,3 Milliarden Menschen und das Land ist damit das bevölkerungsreichste der Welt. Aber diese Einwohner teilen sich in über 50 Ethnien auf. Das im deutschen Sprachgebrauch geläufige Wort „Chinesen“ als Bezeichnung für die Einwohner ist damit ein sehr stark vereinheitlichender und unzulänglicher Begriff. Auch die Bezeichnung „China“ für das gesamte Land ist nicht treffend. Im Deutschen, aber auch beispielsweise im angelsächsischen Sprachgebrauch, leitet sich das Wort „China“ vom Staat Qin ab, ein ehemals sehr aggressiver Staat, der zwar viele Gebiete annektierte, aber nicht das heutige Staatsgebiet der Volksrepublik China umfasste. Basierend auf dieser politischen Lage der Zusammenfassung benachbarter Staaten zu einem Hoheitsgebiet ist leicht zu erschließen, dass „China“ heute nicht nur „Chinesen“ beheimatet, sondern Dutzende ethnischer Minderheiten.

Nationale Minderheiten in China

Minderheiten in China haben teilweise den Status von offiziell anerkannten ethnischen Gruppen, teilweise werden sie größeren Gruppen zugeordnet. Die größte ethnische Gruppe stellen die Han-Chinesen mit über 90% der Gesamtbevölkerung dar. Aber auch die Han teilen sich in Untergruppen auf, etwa die Hakka, die Hoklo oder die Tanka. Untergruppen sind in der Regel regional begrenzt und kennzeichnen sich etwa durch eigene Dialekte. So lässt sich auch die Abgrenzung am besten vornehmen, denn viele Untergruppen verwenden ganz unterschiedliche regionale Bezeichnungen. Diese Untergruppen sind aber keine nationalen Minderheiten, sondern werden unter dem Begriff der Han-Chinesen subsumiert. Die chinesische Regierung verfolgt gegenüber den Minderheiten in China eine eher restriktive Politik und Tendenz geht zur Eingliederung in größere Gruppen, wie es mit den Untergruppen der Han geschieht. Die Untergruppen sind also nicht offiziell als Nationalitäten anerkannt, sondern werden der Nationalität der Han zugeordnet. Das hat vor allem juristische Konsequenzen, denn Minderheiten bekommen nur dann Sonderrechte, wenn sie als Nationalität offiziell anerkannt sind. So sind diese etwa offiziell von der Ein-Kind-Politik ausgenommen, das heißt, Menschen dieser Ethnien dürfen mehr als ein Kind bekommen, ohne mit Sanktionen rechnen zu müssen. Diese Regelung trifft also auf die Subgruppen der Han nicht zu, sie werden der Mehrheitsbevölkerung zugerechnet und müssen sich also der Ein-Kind-Politik unterordnen.

 

Zu den größeren Gruppen von nationalen Minderheiten in China gehören die Mongolen, die Hui im Norden oder die Zhuang im Süden. Inzwischen leben sogar mehr Mongolen in China als in der Mongolei. Besonders zwei Gruppen sind zu nennen, wenn es um Minderheiten in China geht: die muslimischen Uiguren aus der Provinz Xinjiang und die Tibeter. Diese Gruppen bekommen als anerkannte nationale Minderheiten von der Regierung offiziell mehr Eigenständigkeit zugesprochen. Dazu gehört auch, dass die Minderheiten sich in ihren Regionen selbst verwalten. Völkerrechtler kritisieren aber, dass die Staatsämter, die die Minderheiten in China ausüben, nicht so einflussreich sind wie die Parteiämter. Diese werden nicht von den Minderheiten in China ausgeübt, sondern von der Mehrheitsbevölkerung der Han-Chinesen. In der Theorie soll durch die Regelung der eigenständigen Verwaltung den Minderheiten in China zugestanden werden, ihre Sprache und Kultur zu pflegen sowie ihre Religion frei auszuüben. Tatsächlich werden Minderheiten in China aber häufig von den ausübenden Positionen der Han-Chinesen in eben diesen Punkten unterdrückt, weshalb es immer wieder zu Konflikten zwischen regierungstreuen Han-Chinesen und nur scheinbar autonomen Minderheiten kommt.

Die wichtigsten Minderheiten in China

Denn die Minderheiten in China unterscheiden sich von der Mehrheit der Han-Chinesen in einigen Punkten des kulturellen Lebens, teilweise in der Religion und in der Sprache. Der Prozess der Assimilierung an die Mehrheitsbevölkerung der Han-Chinesen wird als Sinisierung bezeichnet. Beispielsweise wurde 1949 Ostturkistan durch das kommunistische China besetzt und als heutige Provinz Xinjiang annektiert. Die dort ansässige Bevölkerung der Uiguren ist dank der Lage des Landes an der Seidenstraße kulturell mit dem Orient verknüpft. Die meisten Menschen sind Muslime und die Sprache ist mit dem Türkischen verwandt. Nach der Anbindung an China kam es zu einer Einwanderungswelle von Han-Chinesen. Chinesische Quellen nennen die Zahl der Han in Xinjiang mit 7,5 Millionen und die der Uiguren mit 8,7 Millionen. Uigurische Quellen sprechen von mehr als doppelt so vielen Uiguren. Gemäß der Praktik der Sinisierung haben die Uiguren wie alle Minderheiten in China mit einem starken Assimilierungsdruck zu kämpfen. Aus diesem Grund werden Minderheiten in China auch von der Weltbevölkerung wenig bis gar nicht wahrgenommen, wie man an dem verallgemeinernden Begriff „Chinesen“ deutlich sehen kann.


Eine der Minderheiten in China, die sich in das weltweite Bewusstsein bringen konnte, sind die über 6 Millionen Tibeter. Während die Tibeter als Nationalität anerkannt werden, wird die ethnische Untergruppe der Monba den Tibetern zugeordnet. Grund für die Präsenz dieses Volkes ist sein geistiger Führer, der Dalai Lama, der mit gewaltlosem Widerstand weltweit die Unterdrückung der Minderheiten in China anprangert. Die Tibeter sind eine der offiziell anerkannten Minderheiten in China und verfügen über eine eigene Sprache und ein eigenes Alphabet, Religion ist der Buddhismus. Hauptsiedlungsgebiet ist das autonome Gebiet Tibet und die angrenzenden chinesischen Provinzen, allerdings sind viele Tibeter dem Dalai Lama gleich ins Exil gegangen und leben nun vor allem in Indien und Nepal. Eines der Rechte der Minderheiten in China ist die freie Religionsausübung, geknüpft allerdings an die Bedingung, keine politisch motivierten Handlungen gegen die Volksrepublik China zu unternehmen. Da der Dalai Lama als politische Figur aber höchst politisch ist, ist es den Tibetern beispielsweise verboten, ein Bild des Dalai Lamas zu zeigen. Damit sehen sich aber viele Tibeter in ihrem Recht der freien Religionsausübung beschnitten. Der Dalai Lama gilt als Symbolfigur für den Kampf der Minderheiten in China und politische Größen, die den Dalai Lama empfangen, beziehen damit auch klar Position gegen über China.

Rund 200.000 Tibeter leben im Exil, aber etwa 45% aller Tibeter leben noch in Tibet sowie der Rest in den umgrenzenden chinesischen Provinzen oder als Nomaden im Himalaja. Anders verhält es sich mit den Mongolen. Dieser Volksstamm ist ein gutes Beispiel dafür, dass Minderheiten in China nicht immer aus dem chinesischen Staatsgebiet kommen müssen. Auch wenn in der Mongolei über 80% der Bevölkerung Mongolen sind, leben doch in totalen Zahlen mehr Mongolen als Minderheiten in China als in der Mongolei, nämlich knapp 6 Millionen in China im Vergleich zu weniger als 3 Millionen in der Mongolei. Die Mongolen schreiben mit Mongolischen Schriftzeichen und haben ihre eigene buddhistische Religion. Typisches Kulturmerkmal für Mongolen ist das Nomadenleben. Als Minderheiten in China stehen die Mongolen allerdings auch unter dem Assimilierungsdruck, diese Form des Lebens aufzugeben und sich den Standards der Han-Chinesen unterzuordnen. Ähnlich wie in Xinjiang kam es in der Inneren Mongolei zu einer Einwanderungswelle durch die Han, die mittlerweile über 80% der Bevölkerung in dieser Provinz ausmachen. Unter diesem Anpassungsdruck gehen Traditionen und Lebensformen verloren und die Mongolen gleichen sich den Han immer mehr an.

Integration der Minderheiten in China

Die Frage, ob oder inwieweit Minderheiten in China integriert sind, lässt sich erst nach dieser differenzierten Betrachtung beantworten. Es gibt offizielle Regelungen, die Minderheiten in China Sonderrechte zusprechen. Allerdings wird deren Umsetzung oft von ausführenden Positionen unterwandert, die von Han-Chinesen besetzt sind. Viele Angehörige von Minderheiten in China fühlen sich unterdrückt, denn Integration nach chinesischem Verständnis ist die möglichst passgenaue Assimilierung und Adaption chinesischer Kulturstandards. Die Aufgabe der Eigenkultur und vollständige Übernahme der Fremdkultur ist also Voraussetzung für eine gelungene Integration aus Sicht der chinesischen Regierung. Bei manchen Menschen kann die vollständige Adaption der chinesischen Kultur beobachtet werden, während für andere ihre Eigenkultur unter dem Assimilationsdruck eine noch höhere Wertigkeit erhält. Die Konsequenz sind soziale Spannungen, unter denen die Volksrepublik China heute verstärkt zu leiden hat.

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One Response

  1. Celina

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