Chinesische Drachen | Drachen in der chinesischen Mythologie

Chinesische Drachen

 

Die chinesische Mythologie ist so faszinierend, weil ihre bekannte Überlieferung bis etwa 1.700 vor Christus, also fast 4.000 Jahre, zurückreicht. Die Anfänge liegen vermutlich noch weiter zurück. Anfangs wurden die Mythen nur mündlich tradiert, zur Zeit der Zhou-Dynastie von Gelehrten dann niedergeschrieben. Wie alle Kulturen setzt sich auch die chinesische Mythologie mit der Schöpfungsgeschichte auseinander, thematisiert verschiedene Gottheiten und Wesen. Beispiele sind die Mondgöttin Chang’e, der Meeresgott Gong Gong oder der Donnergott Lei Gong. Daneben sind Drachen ein häufiges Motiv. Chinesische Drachen haben es auch über die chinesische Mythologie hinaus in das Bewusstsein westlicher Kultur geschafft und gelten gewissermaßen als Kultsymbol für China. Sowohl in der Kunst wie auch in der Literatur tauchen chinesischen Drachen seit mehreren Tausend Jahren auf. Die Darstellung in Text und Bild hat sich zwar dem Zeitgeist entsprechend angepasst, im Wesentlichen aber haben chinesische Drachen ihre Kerneigenschaften bewahrt.

 

Chinesische Drachen und westliche Drachen

 

Während der Drache in der traditionell westlichen Mythologie Verderben und Boshaftigkeit symbolisiert, können chinesische Drachen auch positive Konnotationen haben, eher einer Gottheit gleich. Drachen tauchen in verschiedenen Bereichen der Natur auf, etwa in Seen, Flüssen und Bächen oder im Meer. Wasser als das Symbol des Lebens ist also das Element der chinesischen Drachen, während westliche Drachen fast ausschließlich mit dem zerstörerischen Symbol des Feuers dargestellt werden. Allerdings kennt auch die chinesische Mythologie destruktive Drachen der Überschwemmungen oder der Fluten sowie gefürchtete Feuerdrachen. Der Gegensatz der Elemente Wasser und Feuer, in denen chinesische Drachen auftauchen, symbolisiert den Gegensatz von Gedeih und Verderb, von Gut und Böse. Wasserdrachen fürchten das Feuer, Feuerdrachen fürchten das Wasser. Es werden also zwei Gegenpole dargestellt. Der Anführer aller Drachen aber ist Long Wang, der Königsdrache. Er ist ein Wasserdrache und lebt auf dem Meeresgrund. Die chinesische Mythologie berichtet, dass er die Elemente auf der Erde beherrscht. Das menschliche Wohlergehen ist also abhängig von der Gunst des Königsdrachen. Dieser Status verleiht den Drachenwesen in China Respekt und Dankbarkeit, gleichzeitig ist ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Menschen und der Güte des Drachen zu erkennen.
Chinesische Drachen sind in ihrem Erscheinungsbild ähnlich den westlichen Drachen. Der Körper ist der einer Schlange oder Echse, er ist kräftig gebaut und hat Schuppen, außerdem oft am Rücken einen Kamm gleich der Flosse eines Fisches. Viele Drachen haben einen Bart. Chinesische Drachen werden meist mit vier Beinen dargestellt, selten mit sechs. Die Füße haben Krallen wie die eines Vogels, meistens auch mit vier Zehen. Ein Drache vereint also die besten Fähigkeiten verschiedener Tiere. Er hat die Wendigkeit und Kraft der Echse, kann aber zupacken wie ein Greifvogel. Feuerdrachen speien in den Darstellungen häufig Feuer, anstelle der Flamme steht bei Wasserdrachen meist eine gespaltene Zunge wie bei einer Schlange.

 

Chinesische Drachen als Synonym für Macht und Herrschaft

 

Bis in die Neuzeit war in China der Glaube an die tatsächliche Existenz von Drachen verbreitet. Die chinesische Mythologie erzählt auch, dass verschiedene Adelsgeschlechter von Drachen abstammen. Deswegen sind chinesische Drachen auch bis heute ein Symbol für Glück, Kraft, Macht, meistens auch Männlichkeit und auch Weisheit, zusammengefasst im chinesischen Begriff des Yang. Es finden sich viele Roben oder Gewänder von Herrschern, auf die chinesische Drachen gestickt wurden, oft mit Goldfäden, die zusätzlich die Symbolik von Macht und Glück unterstreichen. Den Herrschern werden also dieselben Attribute wie Drachen zugeschrieben. So wie der Königsdrache Herrscher über das Meer ist und gleichzeitig alle Elemente und damit das Leben auf der Erde kontrolliert und alle Menschen von seiner Gunst abhängig sind, so werden dem König oder Herrscher über das Land dieselben Eigenschaften zugeschrieben: Macht und totale Kontrolle. Im Umkehrschluss ist die Bevölkerung vom Wohlwollen des Herrschers abhängig, blickt gleichzeitig aber ehrfürchtig zu ihm auf und glaubt an seine positive Macht bei gleichzeitiger Angst vor dem zerstörerischen Potenzial, das er mit sich bringt. Die Herrscher übernehmen also nicht nur das Symbol des Drachen, um damit ihre Macht zu unterstreichen, sondern kommunizieren damit auch den Status ihrer Herrschaft und das Verhältnis zum Volk.

 

Chinesische Drachen als Synonym für China

 

Chinesische Drachen symbolisieren also Kraft und Macht und wurden auch zu einem Synonym für chinesische Herrscher und dadurch zu einem Symbol für China selbst. Vor allem außerhalb des Landes werden Drachen als Erkennungsmerkmal für etwas Chinesisches gebraucht. Das Symbol des Drachens ist also der chinesischen Kultur gleichgesetzt. Häufig sieht man in Türschildern von China-Restaurants chinesische Drachen, meist in Gold und Rot. Tore, die den Eingang zu chinesischem Kulturraum darstellen, werden oft von Drachen bewacht, etwa in China Towns in Großstädten, wo sich eine chinesische Subkultur inmitten der westlichen Welt gebildet hat. Durch eine Art Demarkation durch das Drachensymbol schaffen sich chinesische Exilanten ein Stück Heimat. Der Glaube an die Drachen als heilbringende Geschöpfe setzt sich also indirekt bis ins 21. Jahrhundert fort.


 

Chinesische Drachen in der Symbolik von heute

 

Chinesische Drachen tauchen beispielsweise als Print auf Kleidungsstücken oder als Tätowierung auf. Die Formensprache und Farbgebung entscheidet sich häufig für Feuerdrachen, gerade was Tätowierungen angeht, um Aggression und Männlichkeit darzustellen. Es werden oft Feuer speiende Drachen dargestellt, Rot und Gelb tauchen als Farben häufig auf und betonen somit einerseits die feuernahen Farben, gleichzeitig sind Rot und Gelb die Farben der chinesischen Flagge, was wieder die Nationalität in den Vordergrund rückt. Im übertragenen Sinne hat sich der chinesische Drache auch im Sprachgebrauch gehalten: „Den Drachen jagen“ oder ähnliche Aussagen deuten auf den Konsum des Rauschmittels Opium hin. Auch die Folgen von Opiumkonsum können mit den Eigenschaften des Drachen in Verbindung gebracht werden: zunächst körperliches Wohlbefinden und schmerzstillende Wirkung bei gleichzeitiger Abhängigkeit. So ist der Drache seit Jahrhunderten mit seinen Eigenschaften in der chinesischen Kultur präsent.

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